Management und Führung. 3. Führungsstile

3.4 Situative "Reifegrad"-Theorie nach Hersey und Blanchard

Das situative Führungsmodell (Situational Leadership Theory) von Paul Hersey und Ken Blanchard (1969, 1977 bzw. Blanchard 1985). Dieses Modell beruht auf zwei Grundkonzepten:

a) dem Führungsstil und

b) auf dem Reifegrad des Mitarbeiters bzw. der Gruppe. Beide müssen aufeinander abgestimmt werden.

Es werden vier Führungsstile (Verhaltenstypen) unterschieden:

1) Anweisen ("Telling"). Dies stellt eine Kommunikation in einer Richtung, nämlich vom Vorgesetzten zum Mitarbeiter dar. Der Vorgesetzte sagt seinem Mitarbeiter (oder seinem Team), welche Aufgaben, wie, warum, wann und wo diese auszuführen sind.

2) Argumentieren ("Selling"). Auch hier gibt der Vorgesetzte die Richtung vor, aber die Kommunikation erfolgt nun in beiden Richtungen, und dem Mitarbeiter wird  die Aufgabe in einer solchen Weise vermittelt, dass er sich diese zu eigen macht.

3) Beteiligen ("Partizipating"). Hier kommt es zu einer gemeinsamen Entscheidungsprozess über die Arbeit. Der Vorgesetzte gibt weniger direkte Arbeitsanweisungen, sondern bemüht sich um die Beziehung zu seinem Mitarbeiter.

4) Delegieren ("Delegating"). Zwar bleibt der Vorgesetzte in die Entscheidungen einbezogen, aber die Aufgabe und die Verantwortung für die DurchFührung hat nun der Mitarbeiter oder die Gruppe. Der Vorgesetzte überwacht weiterhin die AusFührung und die Ergebnisse.

Dei beiden Autoren gehen davon aus, dass es keinen Führungsstil gibt, die für alle Situationen und für alle Bedingungen der Beste ist. Nach ihrer Theorie muss sich die Führungskraft auf die jeweils gegebene Situation anpassen, um erfolgreich zu sein. Als Situationsvariablen werden die Fähigkeit der Mitarbeiter bezüglich der zu realisierenden Aufgabe, d.h. das Maß an Fachwissen, Fertigkeiten und Erfahrung, sowie die Bereitschaft bzw. Motivation zur Aufgabenrealisierung einbezogen. Ausgehend vom Entwicklungsstand des Mitarbeiters, dem Reifegrad (maturity level), wird der geeignete Führungsstil bestimmt.

Reifegrad nach Hersey und Blanchard

Abb.: Wahl des Führungsstils in Abhängigkeit vom "Reifegrad" (Hersey und Blanchard)

Empfehlungen

Reife-
grad

Reifegrad hinsichtlich Fähigkeit und Willigkeit Führungs-
stil
Der empfohlene Führungsstil
(1) Der Mitarbeiter ist hinsichtlich der anstehenden Aufgabe nicht fähig und er ist unmotiviert. (1) Anweisen. Direktiver Führungsstil. Genaue Anweisungen geben und streng kontrollieren.
(2) Der Mitarbeiter ist nicht fähig, aber willig und motiviert. (2) Argumentieren. Erkläre Entscheidungen und Anweisungen genau. Gib Gelegenheit für Klärungsfragen!
(3) Der Mitarbeiter ist fähig, aber nicht motiviert. (3)Partizipieren: Teile Ideen mit und ermutige Entscheidungen zu treffen! Ermögliche Entscheidungsbeteiligung.
(4) Der Mitarbeiter ist fähig und willig, d.h. er verfügt über eine hohe Kompetenz und hohe Motivation. (4) Delegieren: Übergib die Verantwortung zur Entscheidungsfindung und Durchführung! Bei einem Mitarbeiter mit hohem Reifegrad lässt sich sowohl die Aufgaben- als auch die Beziehungsorientierung zurücknehmen. Man lässt ihn selbstständig arbeiten und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen.

Mit steigendem Reifegrad des Mitarbeiters lässt sich die Aufgabenorientierung reduzieren und die Beziehungsorientierung verstärken.

Dabei sollte die Führungskraft genau beobachten, ob der gewählte Führungsstils zum gewünschten Erfolg führt: Wenn der Mitarbeiter die Aufgabe sehr gut bewältigt, so sollte zukünftig bei einer ähnlichen Aufgabe ein Stil gewählt werden, der dem Mitarbeiter mehr Partizipation und Freiräume ermöglicht. Sollte der gewählte Führungsstil zu Misserfolgen oder unzureichenden Ergebnissen führen, sollte die Partizipation zurückgenommen und wieder stärker kontrolliert und angewiesen werden.

Diese Vorgehensweise gilt sowohl gegenüber einem einzelnen Mitarbeiter als auch gegenüber einer ganzen Gruppe von Mitarbeitern.